Magret Middells menschliche Existenz
80 Jahre alt und kein bisschen müde – Margret Middell hält die Arbeit lebendig. Ihr Alter ist der Bildhauerin kaum anzusehen. Ihre Arbeit trifft den Zeitgeist europäischer Bildhauerei. Im Zentrum ihres Schaffens steht der menschliche Körper mit all seinen Befindlichkeiten. Derzeit arbeitet die Künstlerin an einer Ausstellung, die das Kunstmuseum Ahrenshoop nach dem Corona-Lockdown plant.
Zur Ausstellung „Der Körper als Ereignis"
In bester Tradition europäischer Bildhauerei
Prägnant. Ausdrucksstark. Ästhetisch. Die Handschrift der Bildhauerin ist unverwechselbar. In ihren Werken gehen Idee und Handwerk eine Symbiose ein, die körperlich-seelische Befindlichkeit spürbar machen. Middell trifft den Zeitgeist. Ihre Arbeiten stehen in bester Tradition moderner Bildhauerei in Europa, viele im öffentlichen Raum. Dazu sind sie in bedeutenden öffentlichen Sammlungen der neuen Bundesländer vertreten.
Die Kunsthalle Rostock zeigt ihre Werke unter anderem in der ständigen Ausstellung. Und das Land Mecklenburg-Vorpommern kauft im Jahr 2020 zwei Arbeiten für den Landeskunstbesitz auf. Zehn Plastiken und 30 grafische Arbeiten sollen bald im Kunstmuseum Ahrenshoop zu sehen sein – nach dem Corona-Lockdown, der vieles so anders macht und doch nicht alles verändert.
Von Berlin nach Barth
Seit dem Tod ihres Mannes, dem Bildhauer Karl Lemke, vor einigen Jahren steht Margret Middell fast täglich in ihrem Atelier auf dem alten Dreiseitenhof am Rande von Barth. Im Jahr 1976 verschlug es die junge Künstlerin mit ihrer Familie in den Norden Ostdeutschlands. Die junge Frau hatte Bildhauerei an der Kunsthochschule Berlin studiert und seit 1965 als freischaffende Künstlerin in der Hauptstadt gelebt. 1969 erhielt sie den Will-Lammert-Preis der Akademie der Künste der DDR und war national wie international immer wieder an Ausstellungen mit überregionaler Ausstrahlung beteiligt.
Aber das Leben in Berlin war für das Künstlerehepaar mit zwei Töchtern kaum noch zu organisieren. Wohnung im Prenzlauer Berg, ihr Atelier in Niederschönhausen, das ihres Mannes in Friedrichhagen. Ein Großauftrag für zwei lebengroße Bornze-Reliefs sollte das Leben der Familie verändern. Sie zogen nach Barth, wo Margret Middell das beauftragte Werk beendete, für das sie gemeinsam mit ihren Bildhauerkollegen den Nationalpreis der DDR bekam.
Am Ende war es allerdings nicht das, was sie machen wollte. Im Zentrum des Schaffens von Margret Middell standen zwar plastische Entwürfe für Bronze, aber der menschliche Torso ohne Kopf war und ist Inhalt ihres Schaffens stellvertretend für das Ganze eines Organismus.
In den 90er-Jahren begann die Wahlnorddeutsche zu experimentieren, gestaltete Entwürfe in Gips, mischte Zement und Braunkohlenasche und verwendete später Papier sowie Klebstoff. Über die Jahre entwickelte sich Margret Middell zu eine der profiliertesten Künstlerinnen ihres Metiers in Mecklenburg-Vorpommern.