11.10.2019

Jörg Herold und seine Kunst des Erinnerns

Die Kunstkommission im Atelier von Jörg Herold.
Die Werke, die das Land für die Kunstsammlung ankauft, sollen Jörg Herold als Dokumentararchäologen zeigen.

Spurensucher. Bewahrer. Künstler. „Ich bin Dokumentararchäologe", sagt Jörg Herold über sich. In seinen Arbeiten hinterfragt er historische „Hinterlassenschaften" – Denkmäler, Traditionen, Fragmente. Internationale bekannt wurde er durch seine Beteiligungen an der Biennale in Venedig und an der documenta X international. MV kaufte einige seiner Werke für die Landeskunstsammlung an. Kultur-MV begleitete den Ankauf.

Jörg Herold kommt viel herum. Arbeitsaufenthalte in Japan, Italien, Brasilien, Venezuela und auf der Krim. Seine Erkundungsfahrten führen ihn zu Orten der kollektiven Erinnerung – reale und imaginäre. Er verlässt dabei gern ausgetretene Pfade, folgt den Spuren der Geschichte auf Nebenwegen und geht kleinsten Details nach. Wenn er dann an seinen künstlerischen Vorhaben arbeiten will, kommt er nach Mecklenburg. In Rothspalk erwarb er 1985 eine Schnitterkaserne, baute den ehemaligen Schlafsaal in ein Atelier um. „Ich könnte gar nicht woanders arbeiten", sagt er. In der Zurückgezogenheit erschafft Jörg Herold Aktionen, Zeichnungen, Filme und Installationen, die zum Teil internationale Aufmerksamkeit erregen.  Seine Werke lenken die Aufmerksamkeit auf Dinge, die Herold vor Vergessenheit bewahren will. Eine Tafel am Güstrower Amtsgericht erinnert an die Friedliche Revolution von 1989. Die Installation „Lichtspur über Datumsgrenze“ im Außenhof des zum Deutschen Bundestag in Berlin gehörenden Paul-Löbe-Hauses lenkt den Blick auf bekannte und weniger bekannte Ereignisse deutscher Geschichte. Jörg Herold gräbt immer wieder in der (vorwiegend) deutschen Geschichte. Dokumentiert zum Beispiel in einem seiner bekanntesten Projekte „Heldenfriedhof" den Absturz des deutschen Aktionskünstlers Joseph Beuys auf der Krim als kreative Auseinandersetzung mit einem zeitgenössischen Künstlermythos. Bei allen Arbeiten geht Herold sparsam mit Informationen um. Er versucht, im Betrachter die Lust zum Entdecken zu wecken. Ihn zu einem Dialog mit dem Werk zu animieren. 

Der Künstler Jörg Herold

1965 geboren in Leipzig

1986 bis 1988 Ausbildung zum Stukkateur

1987 bis 1990 Studium der Malerei an der Hochschule für Graphik und Buchkunst Leipzig und an der Kunsthochschule Berlin, Weißensee

1996 Arbeitsstipendium Schloß Balmoral, Vereinigtes Königreich

1994 Atelierstipendium der Kunstwerke Berlin und Stipendium Villa Serpentata, Akademie der Künste Berlin

1993 Arbeitsstipendium Japan

2017 Stipendium der Deutschen Akademie Rom Villa Massimo, Rom, Italien

Zwei Mitglieder der Kunstkommission stehen vor einem großen Bild.
In der Landeskunstsammlung ist Jörg Herold bereits mit konzeptionellen Werken vertreten. Die Kunstkommission – hier Dr. Regina Erbentraut vom Schloss Güstrow (hinten) und Dr. Merete Cobarg von der Kunstsammlung Neubrandenburg – beschließt daher, Leinwandarbeiten, Fotografien und Collagen in die engere Auswahl einzubeziehen.
Jörg Herold nimmt einen Bilderrahmen aus einer Plastikfolie. An der Wand lehnen Leinwände. Davor stehen Mitglieder der Kunstkommission.
Jörg Herold zeigt der Kommission verschiedene Werke. Aus einem konzeptionellen Projekt. Leinwandgemälde. Fotos und Collagen. Verschiedene Serien. Die Auswahl ist groß – und schwierig.
Jörg Herold hält einen aufgeschlagenen Katalog in der Hand. Zwei Frauen stehen neben ihm und schauen in den Katalog.
Das Budget für den Kunstankauf ist wie immer begrenzt, daher will der Ankauf gut überlegt sein. Auch die Künstler entscheiden mit, durch welche Werke sie dauerhaft in der Kunstsammlung vertreten sein wollen.
Drei Mitglieder der Kunstkommission und der Künstler stehen nebeneinander.
Ein Prozess der angesichts der Vielfalt, der Qualität und der verschiedenen Meinungen einige Zeit in Anspruch nimmt. Einen Künstler mit nur wenigen Werken für die Nachwelt zu erhalten, ist eine Herausforderung.
Drei Frauen blicken in einen Katalog. Der Künstler spricht mit ihnen.
Am Ende fällt die Entscheidung auf eine Lagekarte von Denkmälern im Osten Deutschlands. Es handelt sich um eine Art Collage mit weißen Kreisausschnitten als Markierungspunkte.
Drei Frauen betrachten zwei große Fotografien, die auf einem Tisch liegen.
Dazu eine mehrteilige Fotoserie. Sie zeigt Denkmäler, an die Herold eine weiße Scheibe als Leerstelle anbrachte. Der Bezug zu MV verbindet Lagekarte und Fotos.