02.11.2019

Ingmar Bruhn: Kein Angst vorm schwarzen Bild

Nahaufnahme eines Gemälde. Viele Farben gehen ineinander über. Die Farbe ist dick aufgetragen, hebt sich an manchen Stellen wie ein Relief ab.
Nach mehreren Schichten bildet die Farbe ein Relief auf der Leinwand. Das Gemälde wird greifbar räumlich.

Die Farbe wirft Hügel, Schnörkel, Kringel. Bildet ein Relief. Mit zwei, drei Schritten Abstand wird eine Eule erkennbar. Sie wirkt fast haptisch. „Ich verdünne die Farbe weniger als früher mit Terpentin“, sagt Ingmar Bruhn. Ölfarbe. Erdige, warme, dunkle Töne. Seine expressiven Großformate entstehen meist in Dambeck bei Bobitz und Berlin. Ein Adler gehört nun zur Kunstsammlung des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Kultur-MV begleitete den Ankauf. 

Ein kalter Novembertag in einem typischen Mecklenburger Dorf. Dambeck bei Bobitz. In einem alten Wirtschaftsgebäude versteckt sich die Wirkstätte von Ingmar Bruhn. Sortiert stehen seine Werke wie in einem Bücherregal an der hinteren Wand. Großformate, die kaum durch eine Tür passen. „In Berlin hatte ich manchmal Probleme“, sagt er. Einer seiner Hirsche hing erst kürzlich in der Galerie Parterre. Die anderen seiner Serie stehen hier. Aufgereiht neben Adlern, Hähnen, Micky Mäusen.  Ingmar Bruhns Motive wiederholen sich. Der Kontext auch. Die Stimmung nicht. Mal hell, mal dunkel. Mal flach. Mal erhebt sich die Farbe von der Leinwand. „Ich übermale, was mir nicht gefällt. Das macht manche Werke schwer“, sagt er. Bei mehreren Quadratmeter großen Gemälden kommt da einiges zusammen.  Ein Grund, warum Bruhn kaum friert, auch im Winter nicht. „Beim Malen ziehe ich immer wieder ältere Werke heraus. Vergleiche. Trage neue Farbe auf“, erklärt der Künstler. Manche Werke entstehen in Stunden, andere schneller. Früher habe er sie mehr konzipiert, mit dem nächsten Anstrich gewartet, bis die Farbe getrocknet sei. Heute arbeite er lieber in einem Schwung.  Seine Adler und Hirsche sind kraftvoll und majestätisch. Manche konservativer. Manche dynamischer. „Ich studiere die Tiere im Zoo, in der Natur, dort, wo ich sie in sehe“, so Ingmar Bruhn. „Oft und intensiv.“ Dann skizziert er sie und setzt sie ins Großformat. Einige Motive begleiten ihn nun schon jahrelang. Seit Neuestem arbeitet er mit Schrift. „Die Angst vorm schwarzen Bild“, steht in weißen Zügen auf mehreren Leinwänden. Eine Angst, vor der Ingmar Bruhn gefeit ist.  

Ingmar Bruhn
1967in Wismar geboren
1995 - 2001Studium der Bildenden Kunst, Hochschule der Künste Berlin
2000Studium der Bildenden Kunst am Hunter College New York City
Nica-Stipendium der UdK-Berlin
2001Meisterschüler bei Prof. Marwan
2004Katalog- und Workshopstipendium des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landes Mecklenburg-Vorpommern
2010Nominierung zum Kunstpreis der Mecklenburgischen Versicherungsgruppe 2010
2013Arbeitsstipendium des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landes Mecklenburg-Vorpommern
 arbeitet in Dambeck (Mecklenburg) und Berlin
2003"Führungskader" Künstlerklub Die Möwe Palais am Festungsgraben, Berlin
2005"Hohe und niedere Tiere" Baumhaus Wismar
2006"Neue Bilder" Galerie Hinter dem Rathaus, Wismar
2009
 
"Himmelsauge Teufelskralle" Galerie Carmen Ziegler, Hamburg
"Mein Geld ist tot" HypoVereinsbank Rostock
2010
 
"Widertiere I" Galerie im Turm, Berlin
"Malerei Skulptur" Galerie Joachim Pohl, Berlin (mit Christoph Mertens)
2012"Federtiere" Galerie im Kaleidoskop Usedom / Fördergesellschaft Kunsthaus Usedom-Wolin e.V.
2013"Öl und Kohle" Kunst-Wasser-Werk Schwerin (mit Christin Wilcken)
2016"Spätlese" Galerie Black Box, Hirschburg (mit Reinhard Buch)
2018
 
 
"Schwarze Köpfe" Goldbergkunst, Goldberg (Katalog)
"Bruhn, Kain, Neuer" Drei Maler in Berlin
Galerie Parterre Berlin (mit Michael Kain und Renè Neuer, Katalog)

Einblicke ins Atelier

Ingmar Bruhn steht in seinem Atelier.
Ingmar Bruhn malt in seinem Atelier in Dambeck bei Bobitz. Es ist kalt. Beim Malen wird ihm warm. Seine großformatigen Werke verlangen vollen Körpereinsatz.
Ein Rollwagen. Darauf stehen Farbeimer, Farbdosen und Malutensilien.
Dafür benötigt der Künstler Unmengen an Farbe. Oft malt er in mehreren Schichten – was ihm nicht gefällt, wird übermalt.
An einer Wand lehnt ein dunkles, quadratisches Gemälde. Durch ein großes Fenster fällt Licht.
So entstehen Ölgemälde, die fast greifbar wirken. Wie in diesem kleinformatigen Hahn. For Bruhn ein ungewöhnliches Format. Seine Kunst erreicht vor allem auf großen Flächen seine volle Ausdrucksstärke.
An einer Wand lehnen zwei große Leinwände.
Wie hier in seiner Hirschserie. Ein Hirsch in immer wiederkehrender Stellung. Aber mit unterschiedlichen Herangehensweisen des Malers.
Auf einem Tisch liegen Zettel mit Zeichnungen und Bildern. Daneben stehen Flaschen und Kreppbandrollen.
Seine Motive studiert Bruhn. In Zoos. Auf Bauernhöfen. In freier Wildbahn. Auf Film. Vor allem in Bewegung, um den Ausdruck des Tieres am besten zu verstehen und später einfangen zu können.
Nahaufnahme aus dem Atelier.
Im Atelier riecht es nach Terpentin und Ölfarbe. Auf dem Boden liegen Handwerkerteppiche, an den Wänden lehnen reihenweise Arbeiten. Das Idyll eines Künstlers.
An der Wand hängen zwei dunkle Gemälde. Auf beiden steht - anders angeordnet - in weißer Schrift: Die Angst vorm schwarzen Bild.
Seine neuesten Arbeiten beschäftigen sich mit Schrift im Bild. Aufgemalt, abgeklebt. Typisch für Bruhn: Das gleich Motive in immer wieder neuen Kompositionen, Farben und Techniken.
Mitglieder der Kunstkommission stehen vor Gemälden.
Das stellt die Kunstkommission vor Herausforderungen. Am Ende wird sie sich für diesen fliegenden Adler entscheiden, der nun zur Landeskunstsammlung MVs gehört.
An einer Wand hängen vier balkenartige Leinwände untereinander. An der Wand lehnen noch zwei. Daneben steht der Künstler.
Eine Arbeit die Bruhn über Jahre in verschiedenen Ausführungen auf Leinwand gebannt hat. Das Format ist dynamisch genauso wie der Adler selbst.
Die Kunstkommission im Atelier von Ingmar Bruhn.
Der Adler links im Bild schaffte es ebenfalls in die engere Wahl, aufgrund seiner expressiven Technik und Ausdrucksweise.