Jette Bolz: „Platt snacken“ macht Schule
Mit Ideen, Einsatz und echtem „Snutenpullern“ begeistert Jette Bolz für Plattdeutsch – und macht die Sprache für Jugendliche wieder hörbar. Teil 6 unserer Serie „Plattdeutsch in MV“.
Im Klassenzimmer des Goethe-Gymnasiums Demmin sitzt eine Schülerin, die mehr bewegt als nur den Stundenplan. Jette Bolz ist seit 2023 die erste offiziell ernannte Niederdeutsch-Botschafterin in Mecklenburg-Vorpommern – ausgezeichnet von Bildungsministerin Simone Oldenburg. Für ihr Engagement rund um das „Platt snacken“ – das Sprechen von Plattdeutsch – erhielt sie landesweite Aufmerksamkeit. Und sie zeigt: Die Sprache lebt, wenn sie mit Herz und Haltung gesprochen wird.
An insgesamt 48 Schulen im Land wird aktuell Niederdeutsch unterrichtet. Rund 1.884 Schülerinnen und Schüler lernen die Sprache, an vier Gymnasien sogar mit Schwerpunkt. Doch als am Goethe-Gymnasium der Unterricht ausfallen sollte, wurde Jette aktiv. Mit einer Online-Petition setzte sie sich dafür ein, dass das Fach bleibt. Sie ließ nicht locker – oder wie man auf Platt sagt: Sie blieb „stöverig“, also hartnäckig. Am Ende mit Erfolg: Die Lücke wurde geschlossen, der Unterricht fortgesetzt.
Lammerhüppen statt Langeweile
Jette Bolz zeigt, dass Plattdeutsch nicht angestaubt sein muss. Begriffe wie „Lammerhüppen“ – was so viel bedeutet wie „feiern gehen“ oder „tanzen“ – nutzt sie ganz selbstverständlich. So bringt sie plattdeutsche Wörter in den Alltag ihrer Mitschülerinnen und Mitschüler. Auch über soziale Medien, etwa ihren Instagram-Kanal, teilt sie regelmäßig kleine Wortschätze aus dem Plattdeutschen und gibt kurze Einblicke in die Sprache.
Mehrfach wurde Jette beim Wettbewerb „Plattdeutsches Wort des Jahres“ ausgezeichnet. Eines ihrer Lieblingswörter: „Snutenpullern“. Das bedeutet so viel wie „sauer sein“ oder „beleidigt gucken“. Ein herrlich bildhafter Ausdruck – und typisch für die plattdeutsche Sprache, die oft sehr direkt und anschaulich ist. Jette versteht es, diese Ausdruckskraft kreativ zu nutzen.
Von „Klütern“ bis „Modder“
Beim „Runden Tisch Plattdeutsch“ stellte Jette eigene Ideen vor – etwa zu Theaterprojekten oder plattdeutschen Kinderbüchern. Dabei nutzt sie bewusst Worte, die viele vielleicht nur noch von Oma kennen: „Klütern“ heißt zum Beispiel basteln oder herumwerkeln, „Modder“ steht für Mutter. Indem sie solche Begriffe wieder hörbar macht, gibt sie der Sprache einen Platz im Hier und Jetzt.
Das Engagement von Jette Bolz ist kein Einzelfall – aber ein Vorbild. Unterstützt wird sie von Lehrkräften, Eltern, dem Literaturmuseum Stavenhagen und dem Demminer Chor unter Stefan Müller. Gemeinsam machen sie deutlich: Plattdeutsch ist Teil des kulturellen Erbes und verdient einen festen Platz im Leben junger Menschen. Bildungsministerin Oldenburg nennt Jette eine „begeisterte Plattsnackerin“ – und meint damit eine, die mit echter Leidenschaft spricht.
„Snack dat man!“
Mit Formaten wie dem jährlichen Niederdeutsch-Fachtag, dem Profilunterricht an Schulen und dem Wettbewerb um das Jugendwort auf Platt setzt Mecklenburg-Vorpommern ein klares Zeichen. Das Kulturministerium fördert den Erhalt der Sprache in enger Zusammenarbeit mit dem Beirat für Niederdeutsch und Heimatpflege.
Jette Bolz zeigt dabei, wie es gehen kann: durch Kreativität, Einsatz und das richtige Maß an „Muckefuck“ – was auf Platt nicht nur für dünnen Kaffee, sondern auch für Durchhaltevermögen stehen kann. Sie macht aus der Sprache eine Bewegung. Und wer ihr zuhört, merkt schnell: Platt kann mehr als Nostalgie. Es kann Gegenwart.
Plattdeutsch in MV - die Serie
Teil 1: Runder Tisch Plattdeutsch
Teil 2: De Urgeschicht von Meckelnborg
Teil 3: Plattdeutsche Wochen in MV
Teil 4: Plattdeutsch lernen mit Beo
Teil 5: Ein Blick in die Heimatschatzkiste
Teil 6: Jette Bolz: „Platt snacken“ macht Schule