Land in Sicht: MV zeigt seine Kunstankäufe
„Land in Sicht" – in der gleichnamigen Ausstellung können Kunstliebhaber aktuelle Arbeiten von 28 Künstlerinnen und Künstlern erleben. MV zeigt mit der vierten Ausgabe der Ausstellungsserie seine Kunstankäufe aus den Jahren 2018 bis 2020. Zum ersten Mal an gleich zwei Ausstellungsorten: im Schloss Bothmer in Klütz und im Kunstmuseum Ahrenshoop. Die Schau endet am 28. November.
Die Ausstellung „Land in Sicht" mit 132 Arbeiten zeigt, wie lebendig die Kunstszene des Landes ist. „Nach Corona können wir Kunst endlich wieder live erleben", sagt Landesfinanzminister Reinhard Meyer bei der Eröffnung. In Partnerschaft mit seinem Ministerium, den Staatlichen Schlössern, Gärten und Kunstsammlungen MV und des Kunstmuseums Ahrenshoop ermöglichte das Kulturministerium die Schau.
Kunstmuseum Ahrenshoop: Farbe und Form
Geometrie und heitere Strenge. Der auf Rügen geborene Künstler Helmut Senf spielt mit Flächen, Räumen und Zwischenräumen. Die Arbeiten des prominenten Vertreters Konkreter Kunst in Ostdeutschland empfangen Kunstanhänger im Café und in Haus IV. Mit Auslassungen und einer heiteren Grundstimmung arbeitet auch Falk Schuster in seinen digitalen Zeichnungen.
Kolorist Matthias Kanter nimmt den Begriff „Tafelbild“ wörtlich, indem er seine farbigen Formen auf einer Schultafel zum Leuchten bringt. Wie Andachtsbilder dagegen wirken die Werke aus Epoxitharz von Sebastian Menzke.
An technische Zeichnungen und spielerische Versuchsanordnungen erinnern die zehn Papierarbeiten von Alexander Klenz. Dick aufgetragene Farbe lässt auf dem unbetitelten Gemälde von Ingmar Bruhn einen Seedaler mit ausgebreiteten Schwingen erkennen. Der Mensch, als Paar oder vereinzelt, zu rechteckigen Formen abstrahiert, ist das große Thema der Bildhauerin Anne Sewcz.
In Haus V sehen Besucher hauptsächlich Kunst in Schwarz-Weiß. Das Scheitern des Höhenflugs des Ikarus zeigt die „dünnhäutige“ Bronzeplastik von Margret Middell. Jörg Herold widmet sich in Schwarz-Weiß-Fotografien von Jens LiebchenFragen der Sinnhaftigkeit des Erinnerns in der Gestalt von Denkmalen. Großformatig Objekte mit politisch-schicksalhaften Dimensionen zeigt Alexander Glandien: Grenzen als lebensbedrohlichen Demarkationslinien, mit Überwachung und Verfolgung.
Die Gattung der Handzeichnung ist vertreten von Sarah Fischer, einer Absolventin der Greifswalder Universität, und von Michael Mohns mit großformatigen, nahezu naturalistisch aufgefassten Zeichnungen von Meerestieren. Tänzerische Improvisation und religiöse Zeremonien zeigen zwei fotografische Serien von Thomas Häntzschel. Eine Skulptur und eine Radierung von Alexandra Lotz aus der Zeit, bevor sie Mitglied der Rostocker Künstlergruppe SCHAUM wurde, thematisieren die Musik.
Schloss Bothmer: MV im Schwarz-Weiß-Kontrast
Wer die ehemalige Remise des Schlosses Bothmer betritt, überschreitet die Schwelle in eine Kunstlandschaft. Die Arbeiten zeigen MV aus den Blickwinkeln von 13 Künstlern, die im Land wohnen oder einen besonderen Bezug zum Nordosten hegen.
Kuratorin Dr. Regina Erbentraut gibt Einblicke in die Schau im Schloss: Gleich zu Beginn komponiert André van Uehm die mecklenburgische Endmoränenlandschaft in seinen Fotografien zu einer Ideal- und Stimmungslandschaft in winterlichem Schwarz-Weiß-Kontrast. Eine ähnliche Vollkommenheit strahlen die beharrlich geschliffenen Skulpturen von Thorsten Bisby-Saludas auf ihre Betrachter aus. Die Raue und Veränderlichkeit der nordöstlichen Natur macht Broder Burows großformatiges Relief „Nachtschicht" mit seinen Verwerfungen, Erosionen und Abtragungen spürbar.
Im ehemaligen Pferdestall empfangen zwei Gemälde von Wolfram Sulek die Blicke der Besucher. Leuchtende Farbspuren auf schwarzem Grund erinnern an nächtliche Leuchtreklamen in den Metropolen. Daneben wölben sich die Handzeichnungen von Tino Bittner in den Raum, deren Betrachter sich in Bewegung setzen muss, um die „Handlung" in Gang zu bringen. Und mit belichteten Röntgenbilder suggeriert Monika Bertermann organische Gebilde und Strukturen.
Drei Fotografien von Maria Sewcz zeigen ihre unverkennbare Handschrift: stürzende Perspektiven und fragmentierende Detailansichten. Mit visueller Opulenz zeigt sie Rom. Eine ganz andere Empathie drücken Wilfried Schröders bemalte Holzskulpturen aus. Eher wissenschaftlich muten die Arbeiten von Daniela Risch an, in denen sie das Verhalten von Punkten, Formen und Defekten analysiert.
Dazu gesellen sich die stillen Papierarbeiten von Claudia Heinicke, flächige Bildmuster von Kerstin Borchardt, Handzeichnungen von Juliane Laitzsch und außergewöhnliche Materialkunst von Anka Kröhnke.
Die Vielfalt der Kunstszene zur Schau gestellt
Besondere Aufmerksamkeit verdient, dass das Land auch in den Jahren 2018 bis 2020 zusätzlich dreizehn Werke als Schenkungen erhalten hat. Helmut Senf, einer der wenigen, lange schon über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannten Vertreter der Konkreten Kunst in der DDR, übergab dem Land zwölf Werke. Anka Kröhnke schenkte dem Land ihr Weißes Relief.
Alle drei Jahre werden seit 2009 die Ankäufe unter dem Titel „Land in Sicht“ ausgestellt und auf diese Weise alle Kunstwerke nach dem Ankauf Kunstinteressierten vorgestellt. In den vergangenen Jahren fanden diese Ausstellungen regelmäßig in Schloss Güstrow statt, wo die Sammlung wissenschaftlich betreut wird. Da das Schloss zeitweilig wegen der Umbaumaßnahmen geschlossen ist, wurden für die Ausstellung der Ankäufe der Jahre 2018 bis 2020 andere Ausstellungsorte gewählt.
Die Staatlichen Schlösser, Gärten und Kunstsammlungen Mecklenburg-Vorpommern und das Kunstmuseum Ahrenshoop sind die Kooperationspartner des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur bei der Planung und Umsetzung der Ausstellung.
Fotos: © VG Bild-Kunst, Bonn 2021, Tino Bittner, Juliane Laitzsch, Maria Sewcz, André van Uehm, Sarah Fischer, Matthias Kanter, Jörg Herold, Sebastian Menzke, Michael Mohns, Helmut Senf, Anne Sewcz
Das Land ist der größte Sammler zeitgenössischer Kunst in Mecklenburg-Vorpommern. Die Kollektion mit Werken von Künstlern aus MV oder mit einem Bezug zum Land umfasst rund 3.500 Arbeiten.