Klassik in der Werkstatt
Eine alte Industrieruine voller Graffiti? Das ist ganz gewiss kein klassischer Ort für Klassik. Und deshalb wie geschaffen für ein Konzert.
Vorwärts – das geht es in der Industrieruine schon lange nicht mehr. Die alten „Vorwärts“-Hallen in Schwerin haben ihre beste Zeit längst hinter sich. Eine Zeit, in der Fahrzeuge Schlange standen, um wieder flott gemacht zu werden. W50. Barkasse. Trabis. Und Co. Hier, im Kraftfahrzeuginstandsetzungswerk, kurz KIW, im Mittelweg. 1948 gegründet, beschäftigte der Volkseigene Betrieb einst mehr als 800 Mitarbeiter. Hauptsächlich schraubten sie an Lastern der Marke IFA. Nur zehn Prozent der reparierten Fahrzeuge waren private PKW. Kurz nach der Wende gingen im KIW die Lichter aus. Seitdem frisst sich der Zahn der Zeit durch das Gemäuer. Die Graffiti an den Wänden wurden stetig mehr, die heilen Scheiben weniger. Eine Kulisse wie geschaffen für einen „unerhörten Ort“, jener Konzertreihe, in der den Festspielen MV die Räume für ein Konzert nicht ungewöhnlich genug sein können. Vor gut 800 Zuschauern hauchten Preisträgerin in Residence Vilde Frang und Nicolas Altstaedt den alten Hallen mit Violine und Violoncello einen Abend lang neues Leben ein. Schauspielerin Anna Thalbach las dazu Geschichten aus der Zeit, in der hier noch Trabis & Co. vor sich hinknatterten. Zum Schluss spielte die junge Norddeutsche Philharmonie Strawinskis „Le Sacre du printemps“. Es dauert, bis der Applaus verstummt. Langsam verläuft sich das Gewusel hinterm Ausgang. Dann wird es wieder still, in den den alten Vorwärts-Hallen. Weitere Unerhörte Orte:
Sonntag, 7. August 2016, 16 Uhr: Korbwerk Heringsdorf
Sonntag, 11. September 2016, 14.30 Uhr: Experimentieranlage Wendelstein 7-X, Greifswald
Im Juni wurde schon im Luft - und Raumfahrtzentrum in Neustrelitz gespielt.