Annalise-Wagner-Preis für Carsten Gansel

Porträt eines Mannes. Er blickt in die Kamera, trägt eine Jacke und einen fliederfarbenen Pullover.
Carsten Gansel

Carsten Gansel erhält den Annalise-Wagner-Preis 2024. Ausgezeichnet wird der Autor für sein biografisches Sachbuch über die Schriftstellerin Brigitte Reimann. Titel: „Ich bin so gierig nach Leben: Brigitte Reimann, die Biografie.“ Der Annalise-Wagner-Jugendpreis geht an Poetry-Slammer Juri Kirchhefer.

Vergeben wird der Annalise-Wagner-Preis von der Annalise-Wagner-Stiftung, einer Treuhandstiftung der Stadt Neubrandenburg. Sie wurde 1991 als erste neue Kulturstiftung im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern errichtet. In diesem Jahr lagen der Annalise-Wagner-Stiftung 68 Einreichungen vor.

Der mit 2500 Euro dotierte Annalise-Wagner-Preis 2024 geht an Prof. Dr. Carsten Gansel. In der Begründung der Jury heißt es:

„Die Schriftstellerin Brigitte Reimann (1933-1973) zählt zu den faszinierendsten Künstlerpersönlichkeiten der DDR. Ihr unangepasstes Leben und ihre literarischen Werke beschäftigen noch heute eine zahlreiche Leserschaft. Sie wird gerade international neu entdeckt. Der Neubrandenburger Literaturwissenschaftler Carsten Gansel hat die erste umfassende wissenschaftliche Biographie zur Autorin vorgelegt. Er bewertet ihr modernes Leben und Schaffen aus der intimem Kenntnis der Brüche der Epoche und ihrer literarischen Reflexion neu. Dabei erschließt er unbekanntes Material zu Reimanns Herkunft und Schulzeit, ihren literarischen Anfängen und vielen maßgeblichen Wegpunkten ihres Lebens. Die jahrzehntelange Beschäftigung mit dem Leben und dem Schaffen der Autorin trägt dort reife Früchte, wo Carsten Gansel mit Zeitzeugengesprächen und recherchierten Archivalien die politischen und kulturpolitischen Auseinandersetzungen in Brigitte Reimanns Lebenszeit bildhaft und profund nachzuvollziehen versteht.“

Prof. Dr. Carsten Gansel ist Professor i. R. für Neuere Deutsche Literatur an der Universität Gießen. Er arbeitete unter anderem zu Gotthold Ephraim Lessing, Hermann Hesse, Hans Fallada, Johannes R. Becher, Hans Werner Richter, Otfried Preußler, Uwe Johnson, Anna Seghers, Brigitte Reimann, Christa Wolf, Jenny Erpenbeck, Erich Loest oder Erwin Strittmatter. Als Autor und Herausgeber zahlreicher Publikationen verantwortete er u. a. die Neuausgabe von Heinrich Gerlachs „Durchbruch bei Stalingrad“ (1945/2016), die er 2012 in einem russischen Militärarchiv auffand. Die Edition sorgte international für Aufsehen und wurde in mehrere Sprachen übersetzt. Auch seine Biographie zu Otfried Preußler wurde hochgelobt. Carsten Gansel ist vielfältig engagiert, u. a. als Sprecher des Wissenschaftlichen Beirates der Arbeitsstelle für Lessing-Rezeption, als Vorsitzender der Jury zur Verleihung des Uwe-Johnson-Literaturpreises sowie des Uwe-Johnson-Förderpreises, als Vorsitzender der Mecklenburgischen Literaturgesellschaft, als Vorsitzender der Christa-Wolf-Gesellschaft, Mitglied des PEN-Zentrums Deutschland. (Aufbau Verlag, Autorenporträt). 2017 wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt und 2024 in die Leibniz-Sozietät gewählt.

Der Annalise-Wagner-Preis macht zum 33. Mal aufmerksam auf inhaltlich wie sprachästhetisch hervorragende Texte mit Bezug zur Region Mecklenburg-Strelitz rund um Neubrandenburg und Neustrelitz im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte, hergestellt über den Inhalt des Textes oder über den Wohnort der Schreibenden. Zu den Preisträgern gehören u. a. Jörn van Hall, Ulrich Fasshauer, Prof. Dr. Mario Niemann, Dr. Peter Walther, Valentine Goby, Carolin Philipps, Pauline de Bok oder Dr. Annette Leo. 

Der Regionalbezug des Preisträgertextes 2024 stellt sich über beide Aspekte des Annalise-Wagner-Preises her: Brigitte Reimanns Biografie ist verortet in Burg, in Hoyerswerda - und in ihrer letzten Heimatstadt Neubrandenburg. Hier wohnte die Schriftstellerin von 1968 bis 1973, war aktiv in der regionalen Kultur- und Literaturlandschaft, rang schwer erkrankt um die Fertigstellung ihres wichtigsten Romans „Franziska Linkerhand“. Prof. Dr. Carsten Gansel beleuchtet aus der Perspektive ihres Lebens und Schreibens auch ein spannendes DDR-Kapitel regionaler Zeit-, Kultur- und Literaturgeschichte neu. Zu den Forschungsgrundlagen des Biografen gehörte u. a. Brigitte Reimanns Nachlass, der im Archiv des Literaturzentrums Neubrandenburg e. V. im Neubrandenburger Brigitte-Reimann-Literaturhaus bewahrt wird. Prof.

Extra

Die Annalise-Wagner-Stiftung vergibt zum 10. Mal den mit 200 Euro dotierten Annalise-Wagner-Jugendpreis. Er geht an den Poetry-Slam-Text „Heimkommen“ von Juri Kirchhefer aus Kiel. Der 20-jährige Autor reflektiert als Ich-Erzähler die Wieder-Begegnung mit dem Ort seiner Kindheit und Jugend, mit Neubrandenburg. Er setzt er sich poetisch auseinander mit „Heimat“, „erkundet die Bindungskräfte des Vertrauten ebenso wie Motive für den Drang zu gehen“, heißt es in der Begründung der Jury. Juri Kirchhefer war 2023 Poetry-Slam-Landesmeister von Mecklenburg-Vorpommern.

Termin

Der 33. Annalise-Wagner-Preis und der 10. Annalise-Wagner-Jugendpreis werden verliehen am 28. Juni 2024 in Neustrelitz, der Heimatstadt der Stifterin Annalise Wagner (1903-1986). Die Laudatio für Prof. Dr. Carsten Gansel hält Journalistin und Autorin Dr. Irmtraud Gutschke. Mehr Informationen: www.annalise-wagner-stiftung.de