Vier Kinder hocken um eine Holzkiste. Johanna Bojarra hält ein Netz voller Murmeln in der Hand und zeigt es den Kindern.
Heimatkunde zum Anfassen und Ausprobieren. Johanna Bojarra erzählt Kimberly, Romy, Logan und Lea, warum Murmeln Schätze sind: Weil sie auch in MV zu den ältesten Kinderspielen gehören.
04.12.2019

Schnack aus der Kiste

Ein Junge blättert in einem illustrierten Buch.
Ein wichtiger Bestandteil der Aktion: Bücher. Einige wurden extra für die Schatzkiste geschrieben.
Zwei Kinder schauen sich Bücher an.
Das „Hummelnest“, eine Kita der Diakonie, ist eine von mehr als 1100 Kitas im Land. Der Anspruch des Projekts: Jede Kita, jeder Hort bekommt eine Kiste. Tagesmütter erhalten über Bibliotheken Zugang zu den Heimatschätzen.
Ein Stück Sternberger Kuchen. Er enthält Gestein und Muschelschalen.
Der Sternberger Kuchen – eine Jahrmillionen alte Mischung aus Gestein, Muscheln, Krebsen, Fischzähnen, Weichtieren und Schnecken.
Vier Hände halten Quartettkarten fest.
Gut mischen und los geht’s: Wer sammelt die meisten Quartette zu den Naturschätzen des Landes?
Eine helle Holzkiste mit Deckel. Sie ist ungefähr so groß wie ein Aquarium, hat an der Seite einen Trageschlitz. Auf der Vorderseite sind ein Junge und ein Mädchen gezeichnet. Auf der Kiste steht: Heimatschatzkiste.
Die Holzkisten wurden vom Verein "Güstrower Bildungshaus" in Sternberg gefertigt.

Wenn Charlie den Hut aufhat und mit Kaspar un de Klabauterkatt, Donnerkeilen und versteinerten Seeigeln aus der Kiste steigt, beginnt für Kinder eine Reise durch die Zeit. Durch Bräuche. Traditionen. Geschichte und Geschichten des Landes. Heimatschatzkiste öffne dich!

Ob sie einen Schatz entdecken wollen? „Jaaa!“, hüpft, tanzt und zappelt es aus Romy, Logan, Matti, Lea und Kimberly heraus. Die geheimnisvolle Holzkiste, die Johanna Bojarra auf den Spielteppich setzt, steht schon seit ein paar Wochen in ihrem Gruppenraum. Groß wie ein Umzugskarton. Bemalt mit einem tanzenden Mädchen und einem Rad schlagenden Jungen. Romy, Logan, Matti, Lea und Kimberly rutschen dicht heran. Johanna Bojarra hebt den Deckel. Was darunter zum Vorschein kommt – Johanna Bojarra kennt es in- und auswendig. Sie kommt vom Heimatverband, der im Auftrag des Bildungsministeriums alle Kitas und Horte im Land mit einer Heimatschatzkiste ausgestattet hat. Johanna Bojarra leitet das Projekt seit August. Normalerweise schult sie Erzieher darin, die Sachen in den Kita-Alltag einzubinden. Im „Hummelnest“ in Ventschow entdeckelt sie die Kiste nun zum ersten Mal gemeinsam mit Kindern.

Donnerkeil trifft Lütt Matten

und die weiße Muschel

Bücher! Karten! Murmeln! Mit großem Oooohhh fischen zehn kleine Hände nach dem Inhalt. Bernstein. Donnerkeil. „Kaspar un de Klabauterkatt“. „Lütt Matten und die weiße Muschel.“ Zeichenkohle. Plattdeutsches Memory. Stück für Stück füllt sich der Teppich. „Und was ist das?“ Lea greift nach einem braun-weißen Klumpen in Johanna Bojarras Hand. „Das ist der Sternberger Kuchen.“ Kuchen? Lea schüttelt skeptisch den Kopf. „Das ist doch ein Stein!“ Ja, ein ganz besonders altes Gestein, lässt sie sich erklären. Das es nur hier, wo sie wohnt, gibt und sonst nirgendwo auf der Welt. Ein Schatz aus der Heimat eben. Heimat. Für Romy, Logan, Matti, Lea und Kimberly sind das noch böhmische Dörfer. Sie sind erst vier, fünf und sechs Jahre alt. „Genau das war die große Herausforderung, vor der das Projekt stand“, erzählt Johanna Bojarra. Gut zweieinhalb Jahre lang hat der Heimatverband Ideen entwickelt, Partner ins Boot geholt, sich mit fachlicher Expertise und Liebe zum Detail an die Arbeit gemacht. Im Kern der Kiste geht es darum, schon Kita-Kinder spielerisch an die Kultur und Geschichte ihrer Heimat, an Bräuche und Traditionen und die plattdeutsche Sprache heranzuführen. „Dabei wollen wir den Heimatgedanken mit den Idealen von Weltoffenheit und Toleranz verbinden“, betonte Bildungsministerin Bettina Martin, als sie die Kiste im Sommer öffentlich vorstellte.

Erst die Kiste,

jetzt die Schulung

1500 Heimatschatzkisten hat der Heimatverband in den vergangenen Monaten verteilen lassen. Für jeden Hort und jede Kita. Auch Bibliotheken haben sie erhalten. „Nun geht es darum, die Erzieher mit dem Material nicht allein zu lassen“, sagt Johanna Bojarra. Der Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt deshalb jetzt darauf, in Fortbildungen Tipps und Anregungen für den Einsatz der Kiste zu geben. „Das Interesse ist groß.“ Auch das „Hummelnest“ hat schon einen Termin vereinbart. Dann werden auch Romy, Logan, Matti, Lea, Kimberly „Kaspar un de Klabauterkatt“ auf ihren Abenteuern begleiten und mit Charlie auf Zeitreise durch Mecklenburg und Vorpommern gehen.