Ein Quartier für Kultur
Museum. Bibliothek. Archiv. Veranstaltungsraum. Café. Vereint unter einem Dach. Als Neustrelitz entschied, das alte Kaiserliche Postamt zu kaufen, legte die Stadt den Grundstein für eine Idee, die in MV bis heute einmalig ist. Willkommen in einem besonderen Ort der Begegnung: dem Kulturquartier.
„Einen Kaffee bitte.“ Gurgelnd füllt die Maschine die Tasse. Die junge Frau nimmt an einem der großen Terrassenfenster Platz. Sie kommt gerade aus der Bibliothek, gönnt sich noch einen Moment und schmökert durch die ersten Seiten ihres Romans. An einem der anderen Tische sind zwei Freundinnen lachend in ihr Gespräch vertieft. Ein älteres Paar schlendert derweil durch die Strelitzer Hofküche, schaut, was Dörchläuchtings Köche auf die fürstlichen Tafeln brachten. Wenn es will, kann es Originalrezepte zum Nachkochen mitnehmen.
Der offene Grundriss im Erdgeschoss verwebt fast alle Räume des Hauses miteinander: Museum, Sonderausstellung, Café, Garten, Bibliothek, Veranstaltungssaal. Geschäftsführerin Dorothea Klein-Onnen nennt den Bereich „das Herz des Kulturquartiers“. Jeder kann hier verweilen. Eintritt wird nur für die Dauerausstellung im Museum erhoben.
Ein lebendiges Forum
Kultur und Bildung, die Spaß machen und nah am Menschen sind – das ist der Anspruch, mit dem Dorothea Klein-Onnen gemeinsam mit ihrer kaufmännischen Geschäftsführerin Christina Sturm und einem Kernteam von elf Leuten die Geschäfte des Kulturquartiers führt. Das Motto wickelt sich wie eine unsichtbare Banderole um alle Bereiche. „Wir möchten eine Schnittstelle sein. Ein lebendiges Forum für Einheimische und Touristen, für Erwachsene und Kinder.“
Dorothea Klein-Onnen kennt die Alte Post noch aus Kindheitstagen. Später, als junge Frau, zieht es sie aus der Kleinstadt in die Ferne. Nach London, Bologna, Berlin, Köln, Florenz. Sie studiert Kunstgeschichte und Neue Deutsche Literatur, Bibliotheks- und Informationswissenschaften. Betreut und präsentiert museale Sammlungen. Sammelt Erfahrungen in der modernen Bibliothekswelt, Öffentlichkeits- und Veranstaltungsarbeit.
In ihrer Abwesenheit tut sich einiges in dem alten, denkmalgeschützten Gebäude in der Schlossstraße. Die Post gibt den Standort auf. 2008 kauft die Stadt das Areal. Sie saniert, baut um, verbindet das alte Gebäude an der Straßenseite mit der zurückgesetzten Alten Münze. Im Frühjahr 2016 öffnet das Kulturquartier.
Rückkehr mit Traumjob
Nach 20 Jahren in der Ferne, mit einer kleinen Familie an der Seite, gewinnt der Wunsch, nach Neustrelitz zurückzukehren, im Leben von Dorothea Klein-Onnen Oberhand. Wie es der Zufall will, sucht das Kulturquartier zu jener Zeit eine neue Geschäftsführung. „Die Stelle vereint alles, was ich bisher gelernt habe. Die Weiterentwicklung des Kulturquartiers ist ein echter Traumjob für mich.“
Als sie im Sommer 2019 loslegt, muss sie Einheimischen noch oft erklären, was das Kulturquartier ist. Inzwischen sind viele schon dagewesen. Vielleicht liegt das auch an den bunten Umfrage-Zetteln, die sie gleich am Anfang verteilt. „Ich wollte ein Gespür dafür bekommen, was sich die Menschen von ihrem Kulturquartier wünschen.“ Konzerte im Garten. Lesungen. Krimi-Abende. Gruselnächte. Rallyes durch die Stadt. Viele Anregungen hat das Team aufgegriffen.
Dass das Kulturquartier ein attraktiver Ort für Kinder und Familien ist, haben Dorothea Klein-Onnen und ihr Team jetzt auch schwarz auf weiß: Der Landestourismusverband hat ihnen im Sommer das Qualitätssiegel „Familienurlaub MV-Geprüfte Qualität“ verliehen.