Die Museumsschatzinsel
Mirow, das kleine Städtchen in der mecklenburgischen Seenplatte, hat viel frische Luft, knapp 4000 Einwohner und allein auf der Schlossinsel am Mirower See drei Museen, wie sie unterschiedlicher nicht sein können. Teil 2 unserer Serie über Kunst und Kultur an der Mecklenburgischen Seenplatte: die Museumsschatzinsel.
Da wäre das noble Schloss, einst Sitz von Herzoginwitwe Christiane Aemilie Anthonie von Mecklenburg-Strelitz und seit der Sanierung 2014 wieder ein Schätzkästchen; das 3-Königinnen-Palais, das die royale Vergangenheit der Strelitzer multimedial beleuchtet, und das Johannitermuseum, das sich der Mecklenburger Ordensritter-Geschichte widmet.
Gute Aussichten für einen Museumstag. Und das nicht nur, weil der Blick aus dem Johannitermuseum weit ins Land reicht. Die Ausstellung zur Komturei, die in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts am Mirower See entstand, ist im „Erlebniskirchturm“ der Mirower Johanniterkirche untergebracht. Hier auf der Schlosshalbinsel, die später durch einen Wallgraben zur Insel wurde, begann die Geschichte des Ortes Mirow, mit der auch ein kleines bisschen Weltgeschichte geschrieben wurde.
Die Königin mit grünem Daumen
Wer heute auf den kanarischen Inseln Strelitzien kauft oder in Charlotte, North Carolina, aus dem Flugzeug steigt, ist mit einem unsichtbaren Band mit dem kleinen, mecklenburgischen Ort verbunden. Hier stand die Wiege der Herzogin Sophie Charlotte aus einer Nebenlinie des Strelitzer Herrscherhauses, die durch Heirat mit Georg III. Königin von Großbritannien wurde. Das einstige Kavaliershaus vis-à-vis des Schlosses beherbergt eine Ausstellung, die einen Blick auf Mecklenburg-Strelitz wirft und dabei die Töchter des Hauses, die unter die Krone gebracht wurden, vorstellt. Besucher erfahren, wie Sophie Charlotte, eine Enkeltochter der einst im Schloss lebenden Herzoginwitwe Aemilie, nach erfolgreicher Eheanbahnung im Alter von 17 Jahren aus Mirow nach London zog – damals mit 700.000 Einwohnern eine der größten Städte Europas. Sie erfahren von der Gartenleidenschaft der Königin, die sich um den Ausbau der botanischen Gärten in Kew kümmerte – heute eine der schönsten Gartenanlagen Großbritanniens. Und sie erfahren, dass der Name Strelitzie bei Blumenfreunden in aller Munde ist, seit der Leiter des Londoner botanischen Gartens die Paradiesvogelblume nach der Heimat seiner Königin benannte.
Auf Knopfdruck gewittert es
Die Ausstellung im Kavaliershaus, das unter dem Namen 3-Königinnen-Palais lockt, lädt nicht nur zum Schauen, sondern auch zum Mitmachen ein. Besucher sitzen vor dem Schminkspiegel, lassen auf Knopfdruck Gewitter krachen, vor denen Sophie Charlottes Bruder, der Herzog Adolf Friedrich IV., höllische Angst gehabt haben soll oder testen per Bildschirmquiz ihr Wissen zu den Schwestern Luise und Friederike von Mecklenburg-Strelitz. Diese beiden Nichten Queen Charlottes, vom preußischen König Friedrich Wilhelm II. als „Engel mit frappierender Schönheit“ bezeichnet, heirateten im Dezember 1793 die Söhne des Königs. Luise, als Frau des Thronfolgers, wurde 1797 an der Seite Friedrich Wilhelm III. Königin von Preußen. Friederike, seit 1796 Witwe, heiratete in der Folge noch zweimal. Die dritte Ehe machte sie zur Königin von Hannover. Und dass bis zu diesem Zeitpunkt so mancher von ihr verursachte Skandal die vornehme Gesellschaft erschütterte, ist im Haus ebenfalls zu hören.
Als Tapeten noch handgestickt waren...
Bei so vielen Prinzessinnen-Geschichten wird es dann Zeit, einmal zum Mirower Schloss hinüberzugehen. Der nach außen schlichte Bau überrascht im Innern mit wertvollen Ausstellungsstücken – wie zum Beispiel einer handgestickten Tapete, die bei der Sanierung aufwändig restauriert und nachgearbeitet wurde. Kunstgeschichtlich ist das Schloss mit Ausstattungen aus Barock und Rokoko auch deshalb ein Juwel, weil es das letzte ist, das heute noch über die Wohnkultur des Mecklenburg-Strelitzer Hofes Auskunft geben kann – alle anderen Residenzen fielen den Stürmen der Zeit zum Opfer. Und apropos Kultur: Wenn auch einer der berühmtesten Besucher des Schlosses, der spätere Preußenkönig Friedrich II., gern und lästermäulig über die „Mirokesen“ und deren einfache Hofhaltung spottete: Das Mirower Schloss gehört heute zu den kulturellen Glanzpunkten der Seenplatte. Und ein Spaziergang zu Park und Liebesinsel ist das i-Tüpfelchen eines Besuchs der Mirower „Museumsinsel“.
Text: Katja Haescher