Ein blaues Haus. Das Haus hat weiße Fenster. Das Dach ist aus Reet.
Der Kunstkaten gehört zu den ältesten Galerien in Norddeutschland. Er wurde 1909 nach Plänen von Paul Müller-Kaempff und seinem Malerkollegen Theobald Schorn als „Ahrenshooper Katen - das Haus für heimische Kunst und Kunstgewerbe“ eröffnet.
12.02.2022

„Wat will hei denn hier, wenn hei nich malt?"

Eine Infotafel mit Text zu Paul Müller-Kaempff und einem Porträt von ihm.
Paul Müller-Kaempff (1861-1941) gilt als Begründer der Künstlerkolonie Ahrenshoop.
Ein Gemälde mit einem Bauernhaus auf weitem Land. Auf der Wiese befinden sich zwei Personen. Das Haus ist umgeben von Bäumen.
In seinen Bildern hielt Paul Müller-Kaempff das Leben in Ahrenshoop fest - so wie hier im Bild "Hofstelle auf dem Fischland" (1889).
Hinter Dünen ragt das Dach eines Hauses hervor. Auf den Dünen stehen drei Bäume.
Dünen, reetgedeckte Häuser, weite Landschaft - das inspirierte die Maler.

Die Künstlerkolonie Ahrenshoop wird 130. Mit einem Spaziergang an der Steilküste nahm alles seinen Lauf. Wer nicht malte, wurde auch schon mal für einen Spion gehalten.

Der Sommer ist schon spät, als Paul Müller-Kaempff ihn 1889 auf dem Fischland besucht. Er will hier malen. Malen. Malen. Und spaziert in Wustrow an der Steilküste entlang. Als er die letzte Anhöhe erreicht, liegt ihm ein Bild zu Füßen, das er sich nicht hätte schöner ausmalen können: Dünen. Wälder. Wasser. Weißdornbäume. Wilde Rosen. Ein paar Rohrdächer. Raue Weite. Und weite Einsamkeit. „Das war ein Studienplatz, wie ich ihn mir immer gewünscht hatte!“, schreibt Müller-Kaempff später in seinen „Erinnerungen an Ahrenshoop“. Am nächsten Tag zieht er los. Die Malsachen im Gepäck, seinen Malerkollegen Oskar Frenzel an der Seite. Fünf Kilometer sind es von Wustrow nach Ahrenshoop. Die Wandlung vom kleinen Fischerdorf zur Künstlerkolonie nimmt ihren Lauf. 1889. 1890. 1891. Die Sommer gehören Ahrenshoop. Die Winter Berlin. 1892 baut Paul Müller-Kaempff ein Haus mit Atelier. Jetzt bleibt er auch im Winter. Es ist die Geburtsstunde der Künstlerkolonie.

Weiter Himmel, flaches Land - große Sehnsucht

Freunde und Kollegen sind begeistert bis inspiriert. Manche ziehen nach. Anna Geeresheim, Elisabeth von Eicken, Fritz Grebe, Hugo Richter-Lefensdorf, Carl Friedrich Koch, Huge Jaeckel, Martin Körte. Zum Beispiel. Hier, fernab der Großstadt, stillen weiter Himmel und flaches Land Sehnsüchte nach einem einfachen, naturnahen Leben. Binnen vier, fünf Jahren lebten und arbeiteten hier so viele Künstler, dass jeder auffiel, der keiner war. Einen hielten die Ahrenshooper sogar für einen Spion. Warum? Weil er schon eine Woche da gewesen sein soll, ohne zu malen. „Wat will hei denn hier, wenn hei nich malt?" Er war, so heißt es heute, der erste Badegast.

Von der Malschule zum Künstlerhaus

Von seinen Bildern allein kann Paul Müller-Kaempff nicht leben. Deshalb eröffnet er 1894 die Malschule St. Lucas – das heutige Künstlerhaus Lukas. Die Schüler kommen. Zumeist sind es Frauen, denn ihnen bleibt der Zugang zu staatlichen Kunstakademien bis 1919 verwehrt. Sie bringen Familie mit. Und Freunde. Pensionen entstehen. Das erste Hotel wird gebaut. 1909 eröffnet Müller-Kaempff zusammen mit Theobald Schorn die erste Galerie: den Kunstkaten, eine Begegnungsstätte für Künstler und Kunstliebhaber. Nach ihrem optischen Vorbild, dem typischen Fischlandstil, entstehen später weitere Häuser im Ort.

Mehr Kunst als Einwohner

Frühling am Fischerhaus. Kate am Bodden. Windflüchter an der Düne. Sonnenuntergang am Bodden. Herbstliche Impressionen. Kartoffelleser am Laubfeuer. Ahrenshoop im Winter. Es gibt wohl kaum eine Facette von Ahrenshoop, für die Paul Müller-Kaempff nicht zu Pinsel und Farbe gegriffen hat. Viele Bilder befinden sich in privaten Sammlungen. „In alle Winde sind sie zerstreut, bis Argentinien und China“, sagte er zu Lebzeiten einmal. Der Erste Weltkrieg kommt. Und mit ihm das Ende der Künstlerkolonie. Fast alle Künstler gehen. Nach dem Krieg kehrt die künstlerische Anziehungskraft zurück. Maler, Schriftsteller, Schauspieler, Musiker. Die Bunte Stube, die Hans Brass gemeinsam mit Martha Wegschneider 1922 gründet, gibt es noch heute. Während des Nationalsozialismus ziehen sich auch verfemte Künstler hier zurück. Werner Gilles, zum Beispiel. Oder Ernst Wilhelm Nay und Gerhard Marcks. In der DDR trägt Ahrenshoop das Image vom „Bad der Kulturschaffenden“. Unangepasste Künstler finden hier ebenfalls Freiräume. Und heute? Heute gibt es im Ort mehr Kunstobjekte als Einwohner: Auf gut 670 Menschen kommen drei große Kunsthäuser und viele private Galerien mit Werken aus allen Ahrenshooper Kunstepochen.

Außenansicht vom Kunstmuseum.

Das Kunstmuseum…

… vereint mehr als 800 Gemälde, Grafiken und Skulpturen der Künstlerkolonie unter einem Dach. Von der Gründergeneration bis zur Gegenwart. Hinzu kommen Filmabende und spezielle Führungen für Kinder. Seine Architektur - fünf Einraumhäuser in Reetdachoptik - ist mehrfach preisgekrönt. Mehr...

Hinter einem alten Baumstamm lugt der Ausschnitt eines blauen, restgedeckten Hauses hervor. Auf der Fassade steht "Kunstkaten".

Der Kunstkaten…

… gehört zu den ältesten Galerien in Norddeutschland. 1909 eröffneten Paul Müller-Kaempff und Theobald Schorn ihn als Treffpunkt für Künstler und Kunstliebhaber. Heute spannen Wechselausstellungen den Bogen von der Künstlerkolonie bis zur zeitgenössischen Kunst. Konzerte und Lesungen gibt es hier auch. Mehr...

Ein weißes, restgedecktes Haus, umgeben von Wiese und Bäumen. Im Vordergrund steht auf einem weißen Sockel die Büste eines Greifvogels, der einen Fisch in seinen Krallen hält.

Das Neue Kunsthaus Ahrenshoop...

… widmet sich der Gegenwartskunst. Es arbeitet eng mit dem Künstlerhaus Lukas zusammen: Fünfmal im Jahr haben Künstler aus dem internationalen Stipendienprogramm die Möglichkeit, ihre Arbeiten hier auszustellen. Mehr...

Ein vierstöckiges Haus mit blau-weißer Fassade und rotem Dach, umgeben von Bäumen.

Das Künstlerhaus Lukas…

… ist eines der ältesten Künstlerhäuser in Deutschland. Hier arbeiten Stipendiaten aus den Bereichen Bildende Kunst, Literatur, Tanz und Komposition. Mehr...