Christoph Müller steht mit verschränkten Armen vor einer Wand mit Gemälden.
Das Schenken ist des Müllers Lust: Christoph Müller findet, Bilder sind nicht dazu da, um im stillen Kämmerlein bewundert zu werden. Er hat nicht nur viele Gemälde nach Mecklenburg-Vorpommern gegeben, sondern wohnt jetzt manchmal auch hier. In Sassnitz, seinem Zweitwohnsitz.
18.01.2019

Kunst des Schenkens

Christoph Müller schenkt aus Überzeugung. Seine Präsente: Kunstwerke. Die Beschenkten: Museen in ganz Deutschland. Auch Mecklenburg-Vorpommern hat er schon mehrfach bedacht. Mit Zeichnungen von Horst Hussel. Einem Kosmos der Niederländer. Und mit Dänen. Dafür erhielt er nun den Verdienstorden des Landes.

Sein Lieblingsbild? Christoph Müller legt sich nicht fest. Da kann er zum Abschied von seinen Niederländern noch so oft danach gefragt werden. Im Grunde sei jedes Gemälde aus dem „Kosmos der Niederländer“ einmal sein Lieblingsbild gewesen, zumindest in dem Moment, in dem er es gekauft habe. Mehr als 150 niederländische Gemälde hat Müller in drei Jahrzehnten gesammelt. Sein Interesse gilt dabei nicht den bekannten Namen. Er richtet seinen Blick auf die Vielfalt der niederländischen Malerei. Auf die Fülle der Meister, Stile und Epochen. Fündig wird er in erster Linie auf Auktionen. Über viele Jahre hängt die größte deutsche Privatsammlung niederländischer Altmeisterkunst in der Berliner Wohnung des gebürtigen Schwaben. Bis er sie 2013 dem Schweriner Museum schenkt.  Wer Glück hat, wird damals von Müller persönlich durch die Ausstellung geführt. „Was sehen Sie?“ Schon in dem Moment, in dem er die Frage stellt, weiß Müller: Spätestens nach dem zweiten Wort sagt er „falsch“. „Alles andere wäre eine Überraschung.“ Dabei scheint die Antwort so einfach: Zwei Kinder und eine schlafende Mutter. Das hatte er erwartet. „Schon falsch.“ Er meint es nicht böse oder belehrend, sondern lenkt den Blick des Betrachters auf die Details. Die Frau auf dem Gemälde kann nicht die Mutter sein. Sie trägt Dienstkleidung, ist also Amme. „Statt die Kinder zu füttern, pennt sie einfach.“ Das wird ein böses Erwachen geben. Und so erzählt jedes Bild seine ganz eigene Geschichte. Und Christoph Müller seine Geschichten über die Geschichte.

"Ich bin kein Händler und brauche kein Geld"

Es ist seine lockere, humorvolle Art, fernab von trockener Kunsttheorie, mit der er eine Verbindung zwischen seinen Bildern und den Besuchern schafft. Am Ende kennen seine Zuhörer den auffallendsten Unterschied zwischen flämischen und holländischen Gemälden, wissen sie, dass alle Bilder, auch die Landschaften, ausnahmslos in Ateliers entstanden sind, und warum Christoph Müller die Sammlung nicht für viel Geld verkauft hat: „Ich bin kein Händler und brauche kein Geld.“ Für das Staatliche Museum in Schwerin war die Schenkung ein Glücksfall, bereichern Müllers 155 Sammlerstücke doch in beispielloser Weise die des Schweriner Museums mit seinen rund 600 niederländischen Gemälden. Und: Sie ist kein Einzelfall.

Das Schenken ist des Müllers Lust

Die Wände in Müllers Berliner Wohnung, sie sollen nach der Schenkung nicht leer bleiben. So werden die Dänen seine neue Leidenschaft. Und weil auch sie ihm viel bedeuten, entscheidet er sich, sie ebenfalls zu verschenken. Der Glückspilz: das Pommersche Landesmuseum Greifswald. 2016 erhält es fast 400 dänische Gemälde, Zeichnungen, Druckgrafiken und Aquarelle von fast 120 Künstlern. Es ist die größte Sammlung dänischer Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts, die ein deutsches Museum bisher erhalten hat. Die Bilder sollen nun Kern einer Galerie der Romantik werden. „Die Sammelleidenschaft von Christoph Müller ist unser Glück“, sagte Ministerpräsidentin Manuela Schwesig. „Ich danke ihm sehr herzlich für sein Vertrauen und sein großes Engagement. Seine Verdienste um Kunst und Kultur in unserem Land sind herausragend.“ Als Zeichen der Anerkennung verlieh sie dem 80-Jährigen jetzt den Verdienstorden des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Warum er das macht: erst sammeln und dann alles verschenken? Darauf antwortete Müller, einst Miteigentümer des „Schwäbischen Tagblatts“, einmal: „Für reiche Leute gibt es nur eine einzige anständige Art, Geld auszugeben: Für Museen zu sammeln.“

Christoph Müller steht vor einer Wand mit Gemälden und zeigt mit dem Finger in den Raum.
Wenn Christoph Müller Besucher durch die Ausstellungen zu seinen Bildern führt, ist er ganz in seinem Element. So wie hier, im Februar 2014, als das Staatliche Museum Schwerin seinen "Kosmos der Niederländer" zeigte.