Niklas Washausen erforscht Ungereimtheiten

Niklas Washausen und Dr. Merete Corbarg in seinem Atelier
Dr. Merete Cobarg von der Kunstsammlung Neubrandenburg bespricht mit Niklas Washausen die Auswahl seiner Arbeiten.

Subtil. Humorvoll. Fragend. Die Arbeiten von Niklas Washausen hinterfragen die digitale und die reale Welt. In Video, Bild und Installationen sucht er nach Ungereimtheiten. Das Land MV kaufte seine Kunst 2023. Wir sprachen mit dem Künstler. 

Herr Washausen, bitte beschreiben Sie ihre Kunst.

Nach und während meines Studiums am Caspar-David-Friedrich-Institut unter der Mentorenschaft von Rozbeh Asmani und Christian Frosch erkannte und schätze ich den invasiven und kritischen Charakter der Video- und Netzkunst. Dieser wird neben all den weiteren künstlerischen Disziplinen in den letzten Jahren durch frische Adaptionen und Kontexte reformiert. Zum großen Teil mithilfe neuartiger hybrider Räume und sozialer Werkzeuge.

Mit Ursprüngen aus der digtalen und analogen Fotografie, der ich immer noch sehr treu bleibe, widme ich mich in meiner künstlerischen Arbeit Wahrnehmungs- und Umgangsweisen in digital und medial kulturell aufgeladenen Räumen, welche ich semantisch, performativ und linguistisch untersuche und diese in Form von Video-, Foto- und installativen Arbeiten widerspiegele.

Ich tausche mich stetig aus mit meinen Erfahrungswerten aus den Anfängen einer partizipativen Internetkultur, Erlebniswelten eines introvertierten medial verzauberten Jugendlichen und meinem Konsumverhalten. Ich arbeite mit humorvoller Subtilität und Existenzfragen der zeitgenössischen westlichen Welt.

Das Einfangen unbewusster Strukturen, ein gestört-nüchterner Blick auf alltägliche Situationen, der bewusst künstlerische Umgang mit Fehlern und der „trash" stimulieren meine künstlerischen Untersuchungen. Ich ergänze und untersuche sie künstlerisch unter bildungspolitischer Perspektive.

Ihre Arbeiten gehören zum Landeskunstbesitz. Was macht das mit Ihnen?

Zum Verdauen und Reflektieren bin ich noch nicht wirklich gekommen. Es geht immer weiter, Schnelllebigkeit. Daher kann ich noch gar nicht so richtig begreifen, was das für ein großer Schritt für mich ist!

Es ist eine überaus große Wertschätzung von der Jury, vom Ministerium, vom Land. Und ich kann mich nur bei allen Personen und Institutionen bedanken, die mich in meinem Werdegang unterstützt, beraten, mich aufgebaut und vom hohen Ross wieder heruntergeholt haben!

Besonderer Dank geht an meine Mutter, die mich immer wieder motiviert hat. Wichtige KollegInnen wie meine beiden Professoren Rozbeh Asmani und Christian Frosch, Holger Stark, Matthias Dettmann, Jürgen Auerswald, Giacomo Orth, Lilly Welke, Ines Horbert, Erin O'Leary, Antje Winkler und zwei enge stets kritisch-begleitende Freunde Simon Burmeister und Maik Schrainer.

Welche Werke bedeuten Ihnen am meisten?

Also rein von der Relevanz für meine künstlerische Arbeit und wie mich dies in meinem weiteren Schaffen beeinflusst hat sowie das daraus resultierende Ausmaß einer künstlerischen Serie: die Arbeit „Lightwave" aus dem Jahre 2020. Meine erste experimentelle und akzidentelle Polaroid-Arbeit, die zur Serie „Polapressotypie" führte.

Man könnte meinen, diese Arbeit steht stellvertretend für die Idealvorstellung von Lernprozessen. Eine Handlung, deren ein fest eingeschriebener antizipierbarer Ablauf sowie Resultate zugrunde liegen, weicht nun plötzlich davon ab und bringt etwas bisher Unbekanntes, aber Neugierig machendes hervor. Mit diesem „Problem" ist man nun gewillt, dessen Herkunft und mögliche Entstehungsweise zu erkunden, zu „lösen". Der Prozess des Erforschens und Zu-Eigen-Machens ist für mich die gehaltvollste und bereicherndste Lern- bzw. künstlerische Arbeitsweise und ist heute für mich von essenziellem Forschungsinteresse!

Generell bedeuten mir Arbeiten sehr viel, die in Kollaboration entstanden sind: Sei es eine sehr frühe Fotoserie „It's an artists' town" oder Teilarbeiten die im Projekt „yelloo_whatsquad“ zusammen mit den KünstlerInnen Deborah Gross, Felix Jess und Susanne Langbehn entstanden sind. Die ko-kreative Zusammenarbeit mit anderen Künstlern oder generell Personen kann sehr wertvoll für die eigene Arbeit sein, zumal Multiperspektivität, -dimensionalität und -disziplinarität so auf einer sozial-kommunikativen Ebene wesentlich einfacher entstehen können.

Außerdem glaube ich dass es postpandemisch argumentiert mehr davon braucht! Mehr Kollaboration, mehr Kollektive, mehr Duos, Trios, Quartette! Es gibt schon genug Einsamkeit auf der Welt, wo also, wenn nicht wieder die Kunst zum Vorreiter macht!

Wer prägt Sie bis heute?

Durch kurzweilige Anfänge in der Straßenfotografie bin ich stets fasziniert von den mystisch-märchenhaften Werken von Saul Leiter. Sowie den frechen, fotografischen Szenen Anna und Bernhard Blume.

Wer mich zum Kunststudium, ja, provoziert hat, war der amerikanische Künstler Robert Gober. 2014 habe ich sein Werk „short haired cheese" im MoMa NY gesehen. Damals noch wenig Ahnung von konzeptueller oder surrealistischer Kunst, war ich gleichzeitig irritiert, gereizt und unglaublich fasziniert von der Vielfalt der bildenden Künste. Und so zog es mich nach meinem Abitur an das Caspar-David-Friedrich-Institut.

Durch das Studium begegneten mir natürlich viele Positionen die mich mehr oder weniger in meinem eigenen Schaffen beeinflusst haben. Besonders einflussreich waren dabei sicherlich Bjorn Melhus, Shana Moulton, Thomas Ruff (besonders die jpg Serie), Hito Steyerl, Ale Bachlechner, Urs Fischer und Jan Erichsen.

Da ich mich seit drei Jahren überwiegend mit Glitch Art beschäftige wirken besonders Positionen wie Michael Betancourt, Rosa Menkman, Legacy Russell, Sabato Visconti, Cory Archangel, Petra Cortright und Arno Beck auf mich.

Niklas Washausen zeigt auf ein Foto in einer von zwei Vitrinen. Zwei Frauen beugen sich neugierig darüber.
Die subtilen Fotoarbeiten von Niklas Washausen (m) konfrontieren Betrachtende mit den Ungereimtheiten der digitalen Welt.
Ein kleines Case mit Fotografien und einem weißen paar Handschuhen.
Arbeitsutensilien. Niklas Washausen erforscht künstlerisch die Welten, in denen wir kommunizieren und agieren.

Der Künstler Niklas Washausen

Niklas Washausen wurde 1997 in Berlin geboren und absolvierte sein Abitur 2016 an der Wilhelm-von-Siemens-Gymnasium. Seine akademische Laufbahn führte ihn anschließend an das Caspar-David-Friedrich-Institut der Universität Greifswald, wo er von 2016 bis 2022 in den Bereichen Bildende Kunst und Design sowie Englisch und Deutsch als Fremdsprache studierte.

Während seines Studiums engagierte sich Niklas als studentische Hilfskraft im Bereich der digitalen Lehre und Medienpädagogik, unter der Leitung von Dr. Jana Kiesendahl, von 2020 bis 2022. Im Anschluss daran arbeitete er als studentische Hilfskraft am Lehrstuhl für Neue Medien und angewandte Grafik bei Prof. Rozbeh Asmani, ebenfalls an der Universität Greifswald.

Seit 2022 ist Niklas Washausen wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Britische und Nordamerikanische Studien der Universität Greifswald. Darüber hinaus wurde er im Dezember 2023 Vorstandsmitglied im BBK M-V. Im selben Jahr begann er auch seine Tätigkeit als akademischer Projektmitarbeiter im BMBF-Projekt „Digitalisierungsbezogene Professionalisierung von Sport-/Musik-/Kunstlehrern", CoP1: „Körperlichkeit im Kontext digitaler Medienkulturen", am Lehrstuhl für Kunstpädagogik/Didaktik der Universität Potsdam.

Niklas Washausen hat sich somit durch sein Engagement und seine vielfältigen Tätigkeiten einen Namen im Bereich der Kunst und Medienbildung gemacht.

Mehr zu Niklas Washausen

Soloausstellungen

Abschlussausstellung "FOMO", im Atelier (ehem. Universitätsrechenzentrum), Greifswald, 2022

Himmelshäuser, Café Koeppen, Greifswald, 2020

Revealing Anonymity, GoSA, University of Manitoba, Winnipeg, CA, 2018


Stipendien und Preise

Travel Grant „Culture Moves Europe", Goethe-Institut / Europäische Union, 2023

Nominierter Künstler für den Nachwuchskunstpreis für Bildende Kunst in MV, 2022

Reisestipendium, Deutsch-Amerikanischen Fulbright-Kommission, 2021

Aufenthaltsstipendium „SummerSchool 21", FRIEDA23 & kunst.schule.Rostock., Rostock, 2021

Aufenthaltsstipendium, „ART SUMMER IN PRORA", Prora, 2019

Aufenthaltsstipendium, „Kuenstlerstadt Kalbe e.V." 6. WInter-Campus „Abenteuer-Land", Kalbe, 2019

Atelierbesuche von 2017 bis heute

Blätter mit gezeichneten Gesichtern liegen übereinander auf einem Tisch.

Die Kunstsammlung des Landes wächst stetig. Seit 1994 kauft MV Arbeiten von Künstlerinnen und Künstlern des Landes für die Nachwelt auf. Eine Kommission aus Experten aller Genres wählt Kunstschaffende aus und besucht sie in ihren Ateliers. Überblick über die Kunstschaffenden...