Der lange Weg zum Welterbe
Wismar und Stralsund sind es schon. Schwerin möchte es gern werden: Weltkulturerbe. Eine Hürde ist bereits genommen – das Residenzensemble steht auf der Vorschlagsliste. Der Weg zum Ziel ist aber noch weit. Neun Hintergründe über den Schweriner Welterbe-Traum.
Wer kam auf die Idee, Schwerin fürs Weltkulturerbe vorzuschlagen?
Schwerin und das Welterbe – das Thema ist aktuell. Die Idee aber schon ziemlich alt. Der Bürgerverein „Pro Schwerin“ stieß sie im Jahr 2000 an. Seitdem hat sie viele Unterstützer gefunden.
Was muss ein Weltkulturerbe-Kandidat mitbringen?
Er muss einen „außergewöhnlichen universellen Wert“ haben. Wegen seiner Architektur oder Technik, zum Beispiel. Oder seiner kulturellen Tradition. An einem Weltkulturerbe kann man noch heute erkennen, wie Menschen früher gelebt, gewohnt und gearbeitet haben. Insgesamt legt die Unesco zehn Kriterien zugrunde, von denen mindestens eins erfüllt sein muss. Unabhängig davon muss das potentielle Weltkulturerbe natürlich echt und unversehrt sein.
Womit möchte Schwerin punkten?
Mit seinem Schloss, klar! Aber nicht nur. Die Bewerbung bezieht das gesamte Residenzensemble ringsherum mit ein: den Alten Garten, das Mecklenburgische Staatstheater, das Staatliche Museum, den Dom, das Neustädtische Palais, das Landeshauptarchiv, die Schleifmühle und den Marstall – um nur einige Beispiele daraus zu nennen.
Was macht dieses Residenzensemble so besonders?
Im Stile des Historismus erbaut, zeugt es von der letzten Blüte höfischer Kultur im 19. Jahrhundert. Besonders auffallend ist der gut erhaltene Zustand und die Gesamtheit der Gebäude. Nicht zuletzt spiegelt sich darin auch der Lauf einer 1000-jährigen (Herrschafts)Geschichte wider – vom Herrschaftssitz der slawischen Obotriten über die Zeit der Herzöge bis zum Zentrum der Demokratie.
Ist die Bewerbung allein eine Sache der Stadt Schwerin?
Nein. Landeshauptstadt, Land und Landtag arbeiten partnerschaftlich zusammen.
Wie weit ist Schwerin auf dem Weg in Richtung Weltkulturerbe schon vorangekommen?
Die Landeshauptstadt steht seit 2014 auf der Vorschlagsliste für künftige Nominierungen aus Deutschland. Damit hat sie eine wichtige Hürde genommen, denn nur wer es auf diese Liste schafft, wird auch dem Welterbekomitee als potentielles Weltkulturerbe vorgeschlagen. Pro Jahr kann Deutschland zwei Bewerbungen einreichen. Wer in welchem Jahr seinen Antrag bei der Unesco einreichen darf, das bestimmt die Kultusministerkonferenz in Absprache mit dem Bundesumweltministerium.
Wie lange wird es noch dauern, bis eine abschließende Entscheidung fällt?
Auf der Tentativliste stehen insgesamt 18 Kandidaten. Wann das Komitee über eine Aufnahme von Schwerin in die Welterbeliste entscheiden wird, steht noch nicht fest. Fakt ist aber, dass dies nicht vor 2018 geschehen wird, denn für 2016 und 2017 sind die Kandidaten bereits gesetzt. Von der Abgabe der Nominierung bis zur Entscheidung des Welterbekomitees vergehen dann noch einmal mindestens 18 Monate. So lange dauert es, bis die Gutachter die Bewerbung geprüft haben.
Wie geht es jetzt für Schwerin weiter?
Welterbe zu werden, ist eine Wissenschaft für sich. Und das ist durchaus wörtlich zu nehmen. Denn jetzt heißt es erst einmal: forschen, forschen, forschen, um die Bewerbung später mit überzeugenden Argumenten zu untermauern. Dafür soll an der Hochschule Wismar sogar eine Welterbe-Professur eingerichtet werden. Schwerin muss sich außerdem einen Plan machen, wie es das Kulturerbe schützen, verwalten, weiterentwickeln und in die Öffentlichkeit tragen möchte. Dieser „Management-Plan“ ist ein wichtiger Teil der Bewerbung. Dokumentationen, Gutachten, Studien – am Ende sind die Anträge inzwischen oft mehr als 1000 Seiten dick. Zum Vergleich: Die Bewerbung für den Aachener Dom, der 1978 als erstes deutsches Kulturdenkmal auf die Welterbeliste gesetzt wurde, war nur wenige Seiten lang.