Acht Säulen für ein Halleluja
Sie erinnert an einen Tempel, ist älter als das Schloss. Und ihre Orgel kann man hören, aber nicht sehen. Hereinspaziert in die Überraschungen der Stadtkirche von Ludwigslust. Ein Besuch in neun Bildern.
Typisch norddeutsch?
Typisch norddeutsch? Das ist die Stadtkirche ganz und gar nicht! Elemente aus Barock und Klassizismus verbinden sich Stein in Stein. Herzog Friedrich, ein sehr gläubiger Mensch, ließ die Kirche von 1765 bis 1770 errichten. In einer Zeit, in der er die Residenz von Schwerin nach Ludwigslust verlagerte.
Schnurgerade Verbindung
Als die Kirche gebaut wurde, gab es das Schloss noch nicht. Es entstand erst 1772 bis 1776. Und steht in einigen hundert Metern Entfernung der Kirche genau gegenüber. Ein Fußweg verbindet beide Gebäude in gerader Achse.
Tausend Kilo für zwei Buchstaben
Wahrzeichen der Kirche ist das Monogramm auf dem Dach. Zu sehen sind die griechischen Buchstaben Chi (X) und Rho (P) – die Anfangsbuchstaben des griechischen Wortes für Christus. Ihr Gewicht: 1.035 Kilogramm.
Die Statuen auf dem Säuleneingang – das sind die vier Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und Johannes. Sie sind aus Sandstein und fast vier Meter hoch. Jeder Evangelist trägt eine Schriftrolle mit einem Verweis auf ein Kapitel aus seinem Evangelium.
Raumgreifender Blickfang
In der Kirche fällt der Blick sofort auf das riesige Wandgemälde hinter dem Altar. Darauf zu sehen: die Verkündung der Geburt Christi an die Hirten von Bethlehem. Den oberen Teil malte Johann Dietrich Findorff direkt auf das Gewölbe. Der Hofmaler starb jedoch, bevor er seine Arbeit beenden konnte. Der Rest des Bildes blieb 30 Jahre lang nur eine angedeutete Skizze. Bis Johann Heinrich Suhrlandt es vollendete. Und zwar auf einer vorgezogenen Holzkonstruktion.
Gut versteckt
Hat die Kirche keine Orgel? Doch, doch! Ein Friese-Orgel, zwei Etagen hoch, mit 30 Registern und 2.000 Pfeifen. Aber: Man kann sie nur hören. Nicht sehen. Die Orgel versteckt sich – zusammen mit Sakristei und Treppen – hinter dem hervorgezogenen Teil des Wandgemäldes.
Schöner Schein
Prunkvoll, so zeigt sich die Kirche ihren Besucherinnen und Besuchern. Doch an manchen Stellen trügt der Schein. Zum Beispiel beim Stuck. Oder den sechs vergoldeten Leuchtern auf dem Altar: Sie sind aus Pappmaché, einem gängigen Werkstoff im 18. Jahrhundert. Überraschungsmoment beim Blick zur Decke: das Kirchengewölbe. Von draußen ist es nicht zu erahnen.
Gedachte Linien
Gegenüber von Wandgemälde und Altar steht die Empore der herzoglichen Familie. Sie saß ganz unten. Darüber nahmen unter anderem die Hofdamen Platz. Ganz oben spielte die Hofkapelle. Sehen Sie die Tür in der Fürstenloge? Der Weg zwischen Empore und Altar, Logentür und Kircheneingang liegt auf einer Linie mit dem Weg zwischen Kirche und Schloss.
Heiliger Bimbam!
Einen Turm hat die Kirche nicht. Glocken aber schon. Sie hängen etwas abseits, in den Türmen des Friedhofportals.