Die Entwicklung des Amateurtheaters und der Theaterpädagogik in Mecklenburg-Vorpommern lässt sich für die Zeit vor 1990 heute noch unzureichend darstellen, denn hier gilt es, die Geschichte erst noch zu schreiben. Anfang der 90er Jahre aber startete ein ziemlich interessanter Prozess in MV, der bis heute anhält. Mit der Gründung des Landesverbandes Spiel und Theater MV e.V. im Jahr 1991 waren die Weichen gestellt für eine flächendeckende Entwicklung der Spiel- und Theaterarbeit mit Kindern und Jugendlichen im ganzen Bundesland. Auf seiner Agenda standen die Einführung und die Weiterentwicklung des Wahl(pflicht)bereiches für das Fach Darstellendes Spiel an Schulen, die Ausrichtung von Schultheatertagen, eine fundierte Lehrerfort- und Weiterbildung und die Verschränkung seiner Arbeit mit Jugendkunstschulen, freien Theatern und Theaterpädagog*innen als auch mit den Theatern in Rostock, Greifswald, Stralsund und mit den Hochschulen.

Der Landesverband fungierte in den darauffolgenden Jahren vor allem als Motor und Plattform für eine breit gefächerte Theaterpädagogik und für das Amateurtheater in MV. Will man seine Geschichte besser verstehen, muss man deshalb für die 90er Jahre seinen Blick unbedingt auf die damit einhergehenden Entwicklungen im Bundesland lenken: Gründung Lernbereich Darstellendes Spiel an der Pädagogischen Hochschule Neubrandenburg (1991), Gründung Modellstudiengang Darstellendes Spiel an der E.-M.-Arndt-Universität Greifswald (1993-1996), Beginn des Aufbaus Theaterpädagogisches Zentrum durch StiC-er in Stralsund (1993), Stellenschaffung für Theaterpädagog*innen am Theater Vorpommern (1993), Gründung der Vorpommerschen Kulturfabrik e.V. in Anklam (1993, heute Landesbühne), Gründung des Ausbildungsbereichs Darstellendes Spiel für Studierende der Pädagogik an der HMT in Rostock (1994), Gründung eines StudentenTheaters in Greifswald (1997; heute e.V.), Gründung Landesarbeitsgemeinschaft Darstellendes Spiel in der Schule in Schwerin (1997) u.a.m.

Wie sich hier unschwer erkennen lässt, ist es vor allem die institutionalisierte Theaterpädagogik, die in MV den Aufschwung vor dem Millennium brachte. Seither haben sich die verschiedenen Zweige und Trägerschaften weiterentwickelt und es ist nicht so einfach, den Standort des Landesverbandes in diesem Flechtwerk auszumachen. Immer wieder aber war er in den Jahren darauf Dachverband für alle Interessen, richtete Tagungen und Fortbildungen aus und konzentrierte sich vor allem auf Formate der Gruppenbegegnungen und Festivals im Amateurtheaterbereich. Von 1997 bis 2009 fand jedes Jahr das MIME-Festival in Stralsund statt, zu dem Künstler und Gruppen aus Belgien, Singapur, Norwegen und anderen Teilen der Welt zu Gast waren. Die Bandbreite der Performances reichte dabei von klassischem Ballett bis hin zu Medienkunst.

Seit 2009 führt der Landesverband zusammen mit dem Theater Vorpommern und dem StudentenTheater das „Regionale Theatertreffen“ durch. Hier sind, ganz gleich aus welchen Zusammenhängen die teilnehmenden Gruppen stammen, alle Akteure des Amateurtheaterspiels gleichsam eingeladen - manchmal nehmen bis zu hundert Spieler*innen an diesem mehrtägigen Treffen teil. Tagsüber arbeiten sie in gemischten Gruppen in Workshops von Pantomime bis Akrobatik und abends zeigen die Gruppen ihre aktuellen Produktionen. Den Abschluss bildet jeweils eine gemeinsame öffentliche Präsentation vor einem breitem Publikum. Seit einigen Jahren verbinden uns auch Freundschaften mit polnischen Gruppen aus Westpommern - auch hier finden regelmäßig der internationale Austausch und die Begegnung statt.

Der Verband hat seit einigen Jahren keine Personalstelle mehr und nur wenige Mitglieder. Daher konzentriert er sich auf wenige Aktionen und Projekte im Jahr, die dann aber mit großer Leidenschaft und viel Engagement umgesetzt werden. Wir, das ist eine Handvoll ausschließlich ehrenamtlich Aktiver, stehen heute vor der Herausforderung, in der Durchführung solcher Veranstaltungen ausreichend Personal bereitzustellen und unsere Arbeit langfristig abzusichern mit strukturellen Weichenstellungen. Für die nächsten Jahre bedeutet das die Verstetigung von Fortbildungen, die Bekanntschaft mit Amateurtheatergruppen aus dem ländlichen Raum und die Verbandsarbeit auf Bundesebene.

JETZT

Im Juni und Juli 2018 fand in Greifswald das RegioLudi statt - ein dreiwöchiger Veranstaltungskalender mit 7 Workshops, 3 Performances, einer Fachtagung und über 40 Bühnendarbietungen aus dem Bereich Theaterpädagogik und Theaterpädagogik. Mit diesem Mammut-Programm konnte der Landesverband zeigen, dass das Theaterspiel längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen und kein kleiner Freizeitbereich mehr ist! Insgesamt waren in den drei Festivalwochen über 500 (!) Spielerinnen und Spieler auf den Bühnen und in den Theaterworkshops zu erleben.

Der Landesverband machte die facettenreiche Geschichte seiner eigenen und der Entstehung aller anderen Theatergruppen und-strukturenin MV zum Credo und nimmt sie als Anlass, das Amateurtheater und die  Theaterpädagogik in Mecklenburg-Vorpommern auf lange Sicht zu einem allseits anerkannten Teil der Kulturellen Bildung zu machen. Mit intergenerativen Workshops, dem jährlichen Theatertreffen der Jugend und dem Aufbau von weiterbildenden Formaten für Lehrerinnen und Lehrer in der Theaterpädagogik.