Bertram Bednarzyk

Buchautor, Präsentation seiner Bücher bei "Lesungen mit Musik"

Autor des Buches "Cillys Schritte" - ungewöhnliche Lebenswege. Dieses Buch von Bertram Bednarzyk ist Portrait, Biografie, Roman und Reportage zugleich und es zeichnet das Leben seiner Mutter, verfolgt von Cillys Schritten, die später auch seine eigenen sind, nach.

Rezension

„Cillys Schritte“ – eine Reise ohne Ankommen – von Bertram Bednarzyk

 

Immer ist irgendwo Krieg - einhundert J...

Autor des Buches "Cillys Schritte" - ungewöhnliche Lebenswege. Dieses Buch von Bertram Bednarzyk ist Portrait, Biografie, Roman und Reportage zugleich und es zeichnet das Leben seiner Mutter, verfolgt von Cillys Schritten, die später auch seine eigenen sind, nach.

Rezension

„Cillys Schritte“ – eine Reise ohne Ankommen – von Bertram Bednarzyk

 

Immer ist irgendwo Krieg - einhundert Jahre her der Beginn des ersten großen Weltmordens der jüngeren Zeit. Immer sind die Gründe gleich: Land, Macht, Geld. Zuvor wird Hass gesät, sonst kommt keiner. Immer  werden Wenige reich und Millionen sterben. Und immer fängt alles neu an, aber nie lernen die Menschen.

Frauen, viel schuldloser als Männer, bleibt der Dreck, den die Kanonen vor die Haustür geprotzt haben. Wenn das Haus noch steht. Frauen wachsen ohne Männer über sich hinaus – oder vergehen in der Wirrnis zwischen Ursachen und Wirkungen, bewältigen Last und Pein nur über die eigene Versehrtheit.

Bertram Bednarzyk zeichnet mit  dem Bild seiner Familie das letzte Jahrhundert nach. Viele vor ihm haben sich so zu befreien versucht von kollektiver Schuld. Aber jedes einzelne Schicksal ruft und mahnt  auf seine Weise, auch dieses.

Es beginnt 1917 in Posen; einen polnischen Staat gibt es nicht mehr, die Polen sind dreigeteilt unter preußischer, russischer und österreichischer Herrschaft, und es kommt vor, dass sie im Krieg gegeneinander kämpfen müssen. Deutsche Soldaten liegen im Dorf Bargen. In einer Fischerhütte treffen sich Hubert Zinner aus Westfalen und Josefa, ein Polenmädel, und vergessen einen Moment das Elend. Bald wird Cilly geboren, der Vater ist auf und davon, denn der Krieg tobt mal hier und mal dort. Als er sein Ende findet, sucht Josefa nach Zinner, das Töchterchen bleibt zurück bei  der Großmutter. – Die Jahre bei Oma Maria werden Cillys schönste Lebenszeit. Als die Großmutter stirbt, beginnt für Cilly ein Martyrium, das von wenigen glückseligen Augenblicken abgesehen, erst endet, als sie für immer die Augen schließt.

Wir verfolgen Cillys Schritte in Deutschlands dunkelster Zeit; auch als es wieder heller wird, dauert es noch lange, bis der Alp weicht, der die Brust schnürt. Bei Cilly weicht er nie. Ihr Lebensertrag sind vier Kinder von vier Männern und die Scham vor sich selbst, vor den Nachbarn und vor ihrem Gott – und endlich auch vor den eigenen Söhnen und Töchtern. Ihre Enttäuschung weint sie lautlos in sich hinein, krankt an den Umständen, zwischen die sie ins Leben geworfen und von denen sie wieder ausgespien wurde; Heilung ausgeschlossen. Das Buch fragt indirekt auch, ob wir uns abfinden wollen mit den Kriegen, die jetzt nicht mehr in Deutschland und Polen, sondern in Nahost und Afrika stattfinden.

Für des Autors Mutter Cilly ist es zu spät, sie verging an den Spätfolgen der Kriege, so  wie viele tausend namenlose, nichtgenannte Frauen. Das macht diese romanhafte Biografie allgemeingültig und stellt sie weit über persönliche Erinnerungslyrik.

Das Buch spannt einen Bogen von der Provinz Posen des Kaiserreichs über den Ruhrpott, Meggen, Gladbeck bis in das mecklenburgische Kuppentin. Cilly reist an viele Orte, als Gepäck stets dabei ihre Irrungen und Wirrungen, von der Geschichte ihr aufgebürdet; heimisch wird sie nirgendwo. Dabei wollte sie bloß Mutter sein, gottgefällig und – ja, ankommen wollte sie. Leider sind viele, die das zweite und das dritte Reich überlebt haben, nie angekommen. Gut, dass Bertram Bednarzyk dieses scheinbar weniger wichtige Thema aufgegriffen hat; wenn auch auf der Suche seiner selbst  –  aber eben auch für uns Leser.

 

Hannes Bengt

 

  • Sparte/n: Literatur & Sprache
  • Tätigkeitsfeld / Art: Schriftsteller

Kontakt

Bertram Bednarzyk

Mühlbachstraße 10
19386 Gallin Kuppentin

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