Eine Seite aus der Pommernchronik.
Die Chronik ist in eine mittelalterliche Pergamenthandschrift eingeheftet.
15.12.2017

Happy End auf dem Dachboden

Familie Blochmann steht vor einem Regal mit historischen Büchern. Links neben ihnen steht Andreas Roloff. Er trägt weiße Handschuhe und hält die Pommernchronik aufgeschlagen in der Hand.
Familie Blochmann aus Marl hat die Pommernchronik auf einem Dachboden entdeckt und jetzt an Dr. Andreas Roloff (l.) von der Landesbibliothek Mecklenburg-Vorpommern übergeben.

70 Jahre lang war unklar, was mit der Pommernchronik aus dem 16. Jahrhundert geschehen ist. Dann tauchte sie wieder auf. Auf einem Dachboden in Nordrhein-Westfalen. Nun ist das gute Stück zurück in der Landesbibliothek.

Der insgesamt sieben Werke umfassende Band war in den Nachkriegstagen verloren gegangen, nachdem er im März 1944 mit anderen Kostbarkeiten in einen Salzstollen bei Staßfurt (Sachsen-Anhalt) gebracht worden war, heißt es aus dem Kultusministerium. Dann verlor sich für viele Jahrzehnte die Spur. Denn viele der Depots wurden bei Kriegsende aufgebrochen und teilweise geplündert. So geschehen auch mit drei Zunftladen aus Schwerin, die Handschriften und Frühdrucke aus der Mecklenburgischen Landesbibliothek, der heutigen Landesbibliothek Mecklenburg-Vorpommern, enthielten. Darunter: das „Chronicon Pomeraniae“. Nach dem Krieg hatte die Suche nach dem verlorenen Schatz begonnen. Den Erfolg brachte ein Sucheintrag in der Datenbank „Lost Art“. Darin sind Kulturgüter erfasst, die infolge der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft und der Ereignisse des Zweiten Weltkriegs verbracht, verlagert oder – insbesondere jüdischen Eigentümern – verfolgungsbedingt entzogen wurden. Die Handschrift aus dem 16. Jahrhundert war beim Räumen eines Dachbodens wieder zum Vorschein gekommen. Und zwar 430 Kilometer weit weg von Schwerin, in einem Mehrfamilienhaus im nordrhein-westfälischen Marl. Das Haus wurde erst nach dem Krieg gebaut, seine Mieter wechselten oft. Wie die Pommernchronik dorthin kam, liegt deshalb nach Angaben des Ministeriums weiter im Dunkeln. „Ein verloren gegangener Schatz ist heimgekehrt“, sagte Kulturministerin Birgit Hesse. „Ursprünglich waren solche Auslagerungen aus Gründen des Luftschutzes erfolgt und sollten eigentlich dem Verlust vorbeugen. Ich danke den ehrlichen Findern. Dank ihrer Mithilfe konnte eine Lücke im Bestand der Landesbibliothek geschlossen werden.“ Die Pommersche Chronik stellt den Hauptteil des Sammelbandes dar und endet im Jahr 1541. Hinzu kommen eine Beschreibung des Landes Stettin-Pommern, die Musterung mehrerer pommerscher Städte, eine Genealogie bis 1557 und der Herzogin Erdmuth Haus- und Hof-Ordnung. Die jüngsten Dokumente der in deutscher Sprache verfassten Schriften sind eine Lebensgeschichte des pommerschen Herzogs Philipp und die Anordnung des Begräbnisses für Herzog Ernst Ludwig von Pommern anno 1592. In der Landesbibliothek gelten noch immer mehrere Dutzend Werke als kriegsbedingt vermisstes Kulturgut. Pretiosen wie das Rolandslied und das Passional kehrten in den 1980er Jahren nach Schwerin zurück. 2008 stoppten die Schweriner sogar eine Auktion bei Sotheby's London, als seltene Chromolithografien, einst als Geschenk des russischen Zaren für den Schweriner Hof bestimmt, dort zum Verkauf standen. Der Rückgabeerfolg blieb damals jedoch aus.